Der Spielverderber 11FREUNDE

Bringen wir es direkt hinter uns: Herzlichen Glckwunsch, sehr geehrter Herr Lokvenc. Ich wnsche Ihnen zum 50. Geburtstag alles erdenklich Gute und hoffe, dass Sie einen schnen Tag im Kreise ihrer Liebsten verblalala bla bla bla bla. Nein. Nein. Es geht nicht. Herr Lokvenc, Sie wissen nichts davon, Sie knnen streng genommen auch nichts dafr,

Bringen wir es direkt hinter uns: Herz­li­chen Glück­wunsch, sehr geehrter Herr Lok­venc. Ich wün­sche Ihnen zum 50. Geburtstag alles erdenk­lich Gute und hoffe, dass Sie einen schönen Tag im Kreise ihrer Liebsten ver­bla­lala bla bla bla bla. Nein. Nein. Es geht nicht. Herr Lok­venc, Sie wissen nichts davon, Sie können streng genommen auch nichts dafür, aber ich bin nach wie vor sauer. Oder wie es bei Päd­agogen auf der nächst­hö­heren Eska­la­ti­ons­stufe so gerne heißt: Ich bin nicht nach wie vor sauer, ich bin nach wie vor ent­täuscht. Denn hätte Sie es nicht ver­hin­dert, wäre ich jetzt ein rei­cher Mann. Bezie­hungs­weise wäre ich zumin­dest kurz­zeitig ein rei­cher Teen­ager gewesen. Co ode mě ten chlap chce?“, denken Sie jetzt ver­mut­lich, Sie sind ja Tscheche. Ich erkläre Ihnen, was ich meine.

Es begab sich zu der Zeit, da die deut­schen Single-Charts domi­niert wurden von Jea­nette Bie­der­mann, Juli, Sil­ber­mond und Sarah Connor, da sich in den Kader der Super­bayern noch Nur-so-semi-super-Spieler wie Andreas Gör­litz oder Tobias Rau ver­irren konnten, da sich ein Jugend­li­cher wie ich nichts sehn­li­cher wünschte als einen iPod der 4. Gene­ra­tion mit Click Wheel, einen Mp3-Player mit dem Gewicht einer Welt­kriegs­bombe, der Anmu­tung eines Strom­kas­tens und dem Fas­sungs­ver­mögen von damals unvor­stell­baren 20 Giga­byte, einer Daten­menge, die es einem ganz sicher ermög­li­chen würde, jeder­zeit auf die Gesamt­heit aller jemals ver­öf­fent­lichten Musik zurück­greifen zu können, so dass man sich nie­mals wieder von Jea­nette Bie­der­mann, Juli, Sil­ber­mond oder Sarah Connor via Radio würde beläs­tigen lassen müssen. Es begab sich also im November 2004, genau genommen am 27.11. November, als ich gemeinsam mit meinem besten Freund im Sport-Casino unseres Hei­mat­ver­eins VfB Lich­ter­felde saß, der heute Vik­toria Berlin heißt, und voller Vor­freude auf unseren gemein­samen Wett­schein schaute.

Klare Sache: Tipp 1

Denn das, was ich da in der Hand hielt, war kein gewöhn­li­cher Wett­schein. Im Gegen­teil, der Schein war mein direktes Ticket zum iPod, diesem wahn­sinnig tollen und des­halb dum­mer­weise auch wahn­sinnig teuren Wun­der­werk der Technik. Ein Nach­mittag, sieben Spiele (ja, so war das damals, kein Frei­tags­spiel, kein Top­spiel“), 90 Minuten plus eine Vier­tel­stunde Halb­zeit – und wenn alles glatt ging, wären wir danach um jeweils mehr als 1000 Euro rei­cher. Ein schier unvor­stell­barer Betrag für zwei Jugend­liche, die sich beim Besuch der Gast­stätte den ganzen Nach­mittag an einer Cola fest­krallten, um ja nicht noch Nach­schub bestellen zu müssen und in die Ver­le­gen­heit zu kommen, am Ende die Rech­nung nicht zahlen zu können. Jeden­falls saßen wir da und spielten die mög­li­chen Sze­na­rien durch. 

Lau­tern zu Hause am Bet­zen­berg gegen strau­chelnde Frei­burger? Klare Sache. Tipp 1, also Heim­sieg. Unsere Hertha mit dem besten Mar­cel­inho aller Zeiten in Wolfs­burg? 2, Aus­wärts­sieg. Allein schon, weil man nicht gegen den eigenen Verein tippt. Die Bayern zu Hause gegen Auf­steiger Mainz? Ein­fa­cher geht’s ja nicht, dachten wir, das Geld liegt förm­lich auf der Straße, dachten wir, zumal dieser komi­sche Kar­ne­vals­verein auch noch von einer totalen Flach­pfeife trai­niert wird, wie heißt der noch gleich, Jürgen Flopp? Gelächter. Auch die anderen Spiele waren leichter vor­her­zu­sagen als Putsch­ver­suche in süd­ame­ri­ka­ni­schen Staaten von der CIA. Werder würde Dort­mund aus dem Weser­sta­dion schießen, die Trot­tel­truppe aus Glad­bach keinen Stich gegen den unab­steig­baren HSV sehen, Lever­kusen natür­lich bei Schluss­licht Ros­tock gewinnen. Und, eh klar, die seit fünf Wochen sieg­losen Bochumer würden auch das Heim­spiel gegen Nürn­berg in den Sand setzen. Ein­deu­tiges Unent­schieden, Tipp 0. Wer sollte für Bochum denn auch die Tore schießen? Dieser Lok­venc-Lulatsch etwa? Wieder Gelächter. So saßen wir also da und malten uns aus, was wir mit all dem Zaster anstellen würden, ich träumte von besagtem iPod, mein Freund kon­terte mit der Idee, sich nicht nur einen davon zu kaufen, son­dern direkt noch einen zweiten, den er dann vor den Augen der nei­di­schen Mit­schüler ach­sel­zu­ckend aus dem Klas­sen­fenster im dritten Stock werfen würde. Er hatte ja die Kohle.

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