Flo steht alles offen. Als Talent, Typ und Charakter" 11FREUNDE

Von Zeit zu Zeit gibt es einen dieser raren Momente, in denen Spieler auf eine Weise die groe Bhne des Fuballs betreten, dass jeder ahnt: So bald werden sie diese nicht wieder verlassen. In diesem Moment werden sie noch einmal geboren als Stars. Fr Florian Neuhaus kam er am 21.Oktober dieses Jahres, kurz vor

Von Zeit zu Zeit gibt es einen dieser raren Momente, in denen Spieler auf eine Weise die große Bühne des Fuß­balls betreten, dass jeder ahnt: So bald werden sie diese nicht wieder ver­lassen. In diesem Moment werden sie noch einmal geboren – als Stars. Für Flo­rian Neu­haus kam er am 21.Oktober dieses Jahres, kurz vor 23 Uhr im Sta­dion Giu­seppe Meazza in Mai­land. Nur wenige Minuten waren in der Cham­pions League zwi­schen Inter Mai­land und Borussia Mön­chen­glad­bach noch zu spielen. Was dann pas­sierte, wurde später wahl­weise als Traum­pass“, Zau­ber­pass“ oder gar Mons­ter­pass“ beschrieben. Eine eng­li­sche Web­site fragte: Kann man einen Assist hei­raten?“ 

Gemeint war jener Ball, der von Neu­haus sauber und schnur­ge­rade mit dem Voll­spann geschlagen flach über den Rasen zischte, drei geg­ne­ri­sche Linien durch­schnitt und acht Spieler von Inter aus dem Spiel nahm. Jonas Hof­mann lief allein auf das geg­ne­ri­sche Tor zu und traf zum 2:1 für Glad­bach. Es war eine fast alt­mo­di­sche Szene, denn solche Tor­vor­lagen sind im modernen Fuß­ball fast ver­schwunden. Das all­ge­gen­wär­tige Pres­sing hat sie aus­sterben lassen wie der Aste­ro­iden-Ein­schlag die Dino­sau­rier in der Krei­de­zeit.

Kann man einen Assist hei­raten?“

Marco Rose sitzt in einer Loge im Borussia-Park über ein Laptop gebeugt und schaut sich die Szene noch einmal an. Ich habe in dem Moment nicht wahr­ge­nommen, woher der Pass kam“, sagt Glad­bachs Trainer stock­nüch­tern. Er hat sich extra Zeit genommen, um über Neu­haus zu spre­chen. Der sitzt neben ihm und ist erstaun­lich wenig von sich beein­druckt, als er das von ihm erschaf­fene Kunst­werk noch einmal betrachtet. Das pas­siert, wenn jeder auf dem Platz weiß, was zu machen ist“, sagt er. Mit unauf­hör­lich im Trai­ning ein­ge­übten Spiel­prin­zi­pien habe das zu tun. Jeder Spieler bei Borussia Mön­chen­glad­bach wisse, dass es nach Bal­ler­obe­rungen mög­lichst flott nach vorne gehen soll und Hof­mann durch seine Läufe in die Tiefe dabei immer eine Anspiel­sta­tion ist.

Da ist sie also hin, die Magie des his­to­ri­schen Moments – oder viel­leicht auch nicht. Europa staunt gerade über Borussia Mön­chen­glad­bach. Inter Mai­land und Real Madrid hatte die Mann­schaft am Rand einer Nie­der­lage, bei Schachtar Donezk siegte sie mit 6:0, so hoch hatte der Gegner ein Heim­spiel im inter­na­tio­nalen Fuß­ball noch nie ver­loren. Als die Sieger aus der Ukraine zum Borussia-Park zurück­kehrten, berei­teten ihnen die begeis­terten Mit­ar­beiter einen rau­schenden Emp­fang. Aus allen Fens­tern hingen Fahnen und Schals.

Das können selbst in der Cham­pions League nur die Besten

Neu­haus hatte auch in der Ukraine wieder stark gespielt. Er hat eine sehr kom­plexe Rolle, weil er den Spiel­rhythmus in beide Rich­tungen mit­be­stimmt, gegen und mit dem Ball“, sagt Rose. Als Sechser vor der Abwehr soll Neu­haus Bälle erobern, bei Ball­be­sitz aber auch in die Tiefe gehen. Borussia Mön­chen­glad­bach will grund­sätz­lich offensiv spielen, und dazu müssen aus­rei­chend Leute nach vorne.

Neu­haus ist also ein Box-to-Box-Spieler, sagt Rose. Als sol­cher muss er zudem Bälle in die Tiefe spielen wie in San Siro und sich vorher im Spiel­aufbau anbieten. Denn Glad­bach kom­bi­niert fast immer von hinten heraus, was sich auch daran zeigt, dass kein Tor­wart der Bun­des­liga durch­schnitt­lich so kurz abschlägt wie Yann Sommer. Die Gegner wissen das und ver­su­chen Glad­bach ent­spre­chend früh unter Druck zu setzen. In diesen Situa­tionen kommt Neu­haus’ beson­dere Stärke zum Tragen: Mit einer Dre­hung oder einem kurzen Antritt durch­bricht er das geg­ne­ri­sche Pres­sing. Das können selbst in der Cham­pions League nur die Besten.

Neu­haus stammt aus Kauf­e­ring in Ober­bayern, einem Ort mit 10000 Ein­woh­nern. Danach gefragt, wie es da ist, erzählt er von den beiden Ver­einen, in denen Fuß­ball gespielt wird, wie viele Plätze sie haben, wie viele davon Natur­rasen und wie viele Kunst­rasen haben und dass es noch einen kleinen Fuß­ball­käfig gibt. Dort hat er nach der Schule immer mit seinen Kum­pels gekickt, bevor er ins 45 Minuten ent­fernte Mün­chen fuhr, um beim TSV 1860 zu trai­nieren, vom zehnten bis zum 19.Lebens­jahr. Die kleine Orts­be­schrei­bung von Kauf­e­ring im Prisma seiner Fuß­ball­plätze zeigt auch, dass Neu­haus ver­mut­lich nicht über­trieben hat, als er sagte: Es gab in meiner Kind­heit nicht groß ein anderes Thema.“

Der Vater, ein gelernter Maurer mit eigener Firma, war beim VfL Kauf­e­ring sein erster Jugend­trainer. Die Eltern fuhren ihren Jungen lange zum Trai­ning bei den Löwen, schauten die Spiele ihres Sohnes, waren aber keine über­am­bi­tio­nierten Fuß­bal­lel­tern am Sei­ten­rand. Wenn ich gesagt hätte, dass mir das keinen Spaß mehr macht, hätte ich von einem auf den anderen Tag auf­hören können.“ Die ganze Familie habe sich in den Dienst seiner Fuß­ball­pas­sion gestellt hat, und seine beiden Brüder, einer jünger, einer älter, seien etwas zu kurz gekommen. Aber sie haben das mit­ge­macht, und dafür bin ich ihnen sehr dankbar.“

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